Unerfasste Rohrwärme verzerrt die Kosten

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Das Merkmal einer Einrohrheizungen ist, dass es keine Zirkulation gibt, in der das Heizungswasser durchgängig warm gehalten wird. Vielmehr verlässt das erhitzte Heizungswasser die Heizanlage, durchströmt die Verteilungsrohre, die Heizkörper und wird auf seinem Weg immer kühler bis es wieder zurück in die Heizung kommt und dort erneut erwärmt wird.

Einrohrheizung Grafik


Bei Einrohrheizung gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten:

  • Vertikale Einrohrheizung (mit oberer oder unterer Verteilung)

  • Horizontale Einrohrheizung

 

Deshalb verzerrt unerfasste Rohrwärme die Heizkostenabrechnung

In manchen Häusern sind die Zuleitungs- und Verteilrohre der Heizung schlecht oder gar nicht isoliert. Das betrifft insbesondere Einrohrheizungen. Aber auch bei "normalen" Heizanlagen kann dieser Effekt auftreten.

Oft geben die ungedämmten Rohre so viel Wärme ab, dass die Bewohner die Heizkörper kaum benutzen. Es wird auch so schon warm genug. Wenn Heizkostenverteiler an den Heizkörpern installiert sind, erfassen diese aber nur die Wärme, die der Heizkörper selbst abgibt. Besonders elektronische Heizkostenverteiler zählen nur dann, wenn der Heizkörper selbst die Wärme abgibt. Die Rohrwärme bleibt weitgehend unerfasst.

 

Wann tritt das Problem auf?

Verdunster kaschieren durch Ihre Bauweise und Erfassungsart das Problem der Rohrwärmeabgabe. Elektronische Heizkostenverteiler zählen dagegen nur dann, wenn der Heizkörper selbst warm ist. So wird Rohrwärme gar nicht mehr erfasst.

In Einrohrheizungen zirkuliert ständig warmes Wasser, selbst dann, wenn die Heizkörper abgestellt sind. Über schlecht gedämmte Rohre wird so ständig Wärme abgegeben, die über die elektronischen Heizkostenverteiler nicht erfasst wird.

Bei Einrohrheizungen werden manche Wohnungen oft nicht richtig warm. Meist ist der fehlende hydraulische Abgleich dafür verantwortlich. Das betrifft besonders Wohnungen, die weiter von der Heizanlage entfernt sind. Als gängige Lösung wird die Vorlauftemperatur erhöht. So geht noch mehr Wärme über schlecht gedämmte Rohre verloren. Auch ein niedriger Grundkostenanteil (z. B. 30% über Grundkosten und 70% über Verbrauch) verschärft die Ungenauigkeit.


Einrohrheizung Grafik

 

Rechtlicher Rahmen

Heizkostenverordnung §7:
"In Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind, und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, kann der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden".

VDI 2077 Beiblatt Rohrwärme Ausgabe 2009-03: 
Hier sind die anerkannten Regeln der Technik beschrieben. (erhältlich bei http://www.beuth.de)

EN 834, Anhang A3:
"Die vom Nutzer nicht beeinflussbare Wärmeabgabe (Zwangswärmekonsum) von Rohrleitungen, welche durch die Nutzeinheit geführt sind, sollte bei der verbrauchsabhängigen Abrechnung berücksichtigt werden, wenn der Anteil der Wärmeabgabe der Rohre für die Verteilgenauigkeit wesentlich ist".

VDI 2077

Das gängigste Verfahren der VDI 2077 ist die rechnerische Korrektur mit Bilanzverfahren. Nur damit kann eine Heizkostenabrechnung auch noch nachträglich korrigiert werden. Dieses Verfahren erlaubt eine rechnerische Abschätzung des Anteils der nicht erfassten Rohrwärme. Das ist aber nur mit elektronischen Heizkostenverteilern möglich. Verdunster sind dafür nicht verwendbar. Mit diesen errechneten Daten wird die Abrechnung dann korrigiert. Wie das geht, steht im  VDI 2077 Beiblatt Rohrwärme, Ausgabe 2009-03. Sie erhalten es bei http://www.beuth.de

 

Die Folgen und mögliche Lösungen

Hohe Gesamtenergiekosten und nur wenig Einheiten an den Heizkostenverteilern führen zu einem hohen Preis pro Einheit. Geringverbraucher werden so bevorzugt. Normal- und besonders Vielverbraucher werden benachteiligt.

Auch wenn die Heizkostenverordnung die Korrektur zulässt, ist sie kein Heilmittel! Ursächlich für die hohe Rohrwärmeabgabe sind die (schlechten) technischen Gegebenheiten der Heizanlage, der Verteilrohre und die Einstellung der Heizanlage. Voraussetzung für eine korrekte Verbrauchserfassung und Verteilung ist eine optimal eingestellte Heizung und Regelung.

Dazu gehören folgende Punkte:

  • Witterungsgeführte Regelung

  • Heizkurve so niedrig wie möglich einstellen

  • Nachtabsenkung verwenden und einstellen

  • Hydraulischer Abgleich / Differenzdruckregelung (Alle Stränge, egal wie weit weg von der Heizanlage bekommen die gleiche Energiemenge)

  • Differenztemperaturabhängige Strangregulierung um die Wärmeabgabe jedes Strangs zu reduzieren

Solche Maßnahmen können dazu führen, dass besonders exponierte Wohnungen nicht warm genug werden. Diesem Problem könnte mit weiteren Maßnahmen begegnet werde: zum Beispiel Wärmedämmung der Wohnung oder Austausch veralteter oder zu kleiner Heizkörper.

Einrohrheizung Grafik

 

Verbesserung der Verbrauchserfassung und Abrechnung

  • Sind allgemeine Bereiche bisher nicht mit Messgeräten erfasst, sollte das nachgeholt werden. Hierdurch wird mehr Wärme erfasst, was zu einer besseren Erfassungsrate führt.

  • Der Energieanteil Warmwasser sollte mit einem Wärmezähler erfasst werden. Das ist ab 2014 nach der neuen Heizkostenverordnung ohnehin vorgeschrieben.

  • Der Anteil Grundkosten sollte auf 50% gesetzt werden. Somit wird auch die (nicht erfasste) Rohrwärmeabgabe stärker in der Abrechnung berücksichtigt. Für bestimmte Gebäude ist nach der neuen Heizkostenverordnung der Verbrauchsanteil mit 70% fest vorgeschrieben. In diesem Fall hat die Heizkostenverordnung Vorrang. Eine Veränderung der Grundkosten scheidet dann leider aus.

  • Ist bei Liegenschaften die Haustechnik veraltet oder schlecht eingestellt, und eine Modernisierung ist nicht möglich, sollten für die Verbrauchserfassung Verdunster und keine elektronischen Heizkostenverteiler eingesetzt werden.

 

Anwendung und Fazit

Die Entscheidung, ob und ab wann das Verfahren nach VDI 2077 angewendet wird, liegt beim Gebäudeeigentümer oder der Eigentümergemeinschaft. Der Mieter kann allerdings klagen, wenn das Korrekturverfahren angezeigt wäre, aber nicht angewendet wird. (LG Mühlhausen Urteil vom 29.01.2009, Aktenzeichen 1 S 182/08).

Die Messtechnik ist zwar der Anzeiger der vorhandenen Probleme, nicht aber ihre Ursache! Werden die oben genannten Lösungen so weit wie möglich umgesetzt, erübrigt sich in den meisten Fällen die Korrektur der Heizkostenabrechnung. Die Korrektur nach VDI 2077 sollte also erst das letzte Mittel sein, wenn die oben genannten Lösungen aus triftigen Gründen nicht umsetzbar sind.